Die Nacht des Elefanten

Eine Geschichte über „Angst“, die manchmal auch die Stärksten unter uns verfolgen und beschämen kann. Seine Angst zugeben fällt schwer, seiner Angst entgegentreten auch. Der Elefant wird in dieser cleveren Geschichte von Anderen dazu gedrängt, sich seiner Angst zu stellen und bestreitet diese Aufgabe mit Bravour.Wer hätte das gedacht? Der große Elefant fürchtet sich im Dunkeln. Aus Angst nimmt er jedes kleine Geräusch wahr und sieht in seiner Phantasie Dinge, die gar nicht dort sind. Voller Panik läuft er davon. Er weiß nicht wohin, ist ohne Ziel und rennt einfach solange bis er vor Erschöpfung einschläft. Am nächsten Tag wacht er an Plätzen auf, die er nicht kennt, und von denen er nicht weiß, wie er dorthin gekommen ist. Eines Morgens ist eine Schneise im Wald. Der Wanderkäfer erschrickt darüber, was das wohl gewesen sein mag. Der Elefant ahnt es, zeigt sich beschämt und schlägt als Erklärungsversuch einen Sturm vor. Am nächsten Morgen erwacht er neben einem leeren Teich. Der Frosch wundert sich, was denn da eingeschlagen haben könnte. Ein Meteor vielleicht, erklärt der Elefant peinlich berührt. Am Tag darauf findet er sich neben einem Porzellanladen wieder, dessen Porzellan zerbrochen ist. „Soviele Scherben.“, summt die Fliege. Der Elefant schiebt es einem Dieb in die Schuhe. Die Tiere sind verunsichert, im Wald gehen Gerüchte herum, von etwas Großem, was Schneisen schlägt, Teiche austrocknen lässt und Glashäuser zerstört. Verängstigt suchen die Tiere Schutz beim großen, starken Elefanten. In der Nacht haben sich alle um ihn herum versammelt. Es ist dunkel, der Elefant ist hellwach und hört jedes Geräusch. „Was ist das?“, fragt er immer wieder in die Dunkelheit und immer wieder erreicht ihn eine andere Antwort, mal der Frosch der seine Zähne putzt, mal die Fliege, die ihre Flügel zusammenlegt. Der Elefant hört alles und fragt direkt nach. Die Tiere fühlen sich sicher, scheint doch der Elefant wirklich alles zu bemerken. Der Elefant horcht und fragt, bis es Morgen ist und seine Beine halten still. Am Morgen, ermüdet vom vielen Fragen, schläft er ein. Er hört die anderen Tiere, die um ihn herum ihren Tag begehen, er aber schläft ruhig weiter, einen ganzen Tag, eine ganze Nacht. Und so kommt es, dass eine kleine Elefantendame, die sich im Dunkeln fürchtet, an ihn kuscheln kann. Oh weh – als die beiden aufwachen, erschrecken sie sich fürchterlich!

Bild: Bohem Verlag

„Die Nacht des Elefanten“ ist ein Buch, das aufzeigt welche Ohnmacht Angst in uns auslösen kann. Zunächst wird klar, dass der Elefant in einer Situation ist, die er selbst kaum mehr steuern kann. „… Und plötzlich laufen seine Beine davon.“ Er, der mächtige, starke Elefant ist seiner Angst ausgeliefert. Es beschämt ihn, am nächsten Morgen zu sehen, was er angerichtet hat. Er traut sich nicht, zu seinen Taten zu stehen, da er dann seine Angst einräumen müsste. Die Tiere entwickeln gleichzeitig eine andere Angst. Eingeschüchtert von den Gerüchten, die durch den Wald schwirren – von einer Sache, die groß und mächtig zu sein scheint, beginnen sie sich zu fürchten. Sie nehmen an, dass das Etwas, das Schneisen schlägt und Teiche entleert, etwas Schreckliches sein muss. Sie flüstern und munkeln und schüren so Ängste. Nun werden zwei unterschiedliche Strategien angeboten, mit seiner Angst umzugehen. Die Tiere suchen Schutz beim größten und mächtigsten Tier, das sie kennen. Der Elefant geht, von den Schutzsuchenden in die Enge gedrängt, seine Angst an, indem er allen Geräuschen, die er wahrnimmt auf den Grund geht. In dem Moment, in dem er den Ursprung des Geräusches kennt, geht es ihm besser. Für Kinder werfen die Tiere, wie der Elefant, Handlungsmöglichkeiten auf, was man gegen Angst tun kann. Am Ende nehmen sie sich gegenseitig die Angst, eine tolle Auflösung! Besonders gelungen, durch den Schluss mit der gelben Elefantendame.
Die Sprache, in der „Die Nacht des Elefanten“ verfasst ist, zeichnet sich durch kurze und knappe Sätze aus. Während die Illustrationen sehr bunt, gemustert und vielfältig sind. Die Nacht hält die Kontraste schwarz/ bunt bereit, während der Tag in weiß/ bunt gehalten ist. Die Angst des Elefanten wird durch gruselige Fabelwesen verbildlicht. Das durchgestanzte Cover ist eine wundervolle Idee und macht das Buch noch einmal mehr zum Hingucker.
Das Einzige, was an dieser wunderschönen Geschichte für mich nicht stimmig ist, ist der Porzellanladen, der einfach nicht in die Lebenswelt des Elefanten passt. An dieser Stelle hätte ich mir eine lebensnahere Katastrophe gewünscht.

Das pädagogische Angebot würde ich tatsächlich mit einer Musik bzw. Rhythmikstunde koppeln. Voraussetzung für diese Aktivität ist, dass die Kinder die Geschichte bereits kennen: Zunächst sollen die Kinder die Größe des Elefanten erspüren. Wir laufen zu Musik, machen uns riesengroß, stampfen und tröten. Danach imitieren wir auch andere Tiere und die Kinder bringen ihre Ideen ein. Am Ende der Übung würde ich zu den Bewegungen des Elefanten zurückkommen.
Wir sammeln uns im Kreis und hören die Geschichte. Nachts hat der Elefant Angst. Was für Geräusche könnten ihn ängstigen? Was oder wen könnte man nachts im Wald hören? Wir suchen uns passende Instrumente (Klanghölzer/ Rasseln/ etc.), um das Knacken eines Astes, oder das Schnarchen eines Löwen zu imitieren. Als der Elefant es mit der Angst zu tun bekommt und seine Beine einfach loslaufen, begleiten wir ihn ein paar Runden zur Musik, bis unser Herz fest klopft. Wir lesen weiter, was nun passiert. Woher kommt die Schneise? Wir spielen also die drei Tage nach, in denen er erwacht und die Schneise /den leeren Teich/ das zerbrochene Porzellan vor sich hat. Danach bitten ihn die unterschiedlichen Tiere um seinen Schutz und wir legen uns ein weiteres Mal schlafen, wobei die Kinder nacheinander die Geräusche imitieren dürfen. Das Kind, das Elefant spielt, fragt nach: Was ist das? Die Kinder dürfen nacheinander antworten. Am Ende der Geschichte, kann nicht nur der Elefant gut schlafen, auch die Tiere sind beruhigt. Wir bleiben ein paar Atemzüge zu ruhiger Musik liegen.

Die Nacht des Elefanten
Autor: Martin Baltscheit
Illustratorin: Katharina Sieg
Bohem Verlag, 2016
56 Seiten / ab drei Jahren
ISBN: 978-3-95939-038-5

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