Es war einmal… Märchen aktuell oder überholt?

In der Pädagogik scheint die Meinung relativ klar, pro Märchen zu sein. Märchen sind in der Regel die ersten Geschichten mit denen es Kinder zu tun bekommen. Die Erzählungen folgen einem wiederkehrenden Muster, sie sind bildhaft und faszinieren Kinder in ihrer Einfachheit. Die wiederkehrende Symbolik entspricht dem kindlichen Denken und Lernen. Die Protagonisten stellen sich ihren Entwicklungsaufgaben und siegen danach über das Böse. Das gute Ende lässt Zuversicht und Hoffnung wachsen.

Sind Märchen noch zeitgemäß?

Ein Kritikpunkt ist, dass Märchen ein Bild von der Welt zeichnen, das antiquiert und überholt scheint. (vgl. Geister, 2021)
Welche Prinzessin wartet denn noch auf ihren Prinzen mit seinem Gaul?
Dies nehmen wir tatsächlich als Problem wahr und haben aus diesem Grund bei unserer Auswahl darauf geachtet, zusätzlich zu den klassischen Sammelbänden auch moderne Märchen zu empfehlen. Damit bieten wir Kindern eine Vielfalt von Handlungsmöglichkeiten und Rollenvorbildern an, die sich teilweise gänzlich widersprechen.
Tatsächlich halten wir die Tugenden, die in Märchen hervorgehoben werden, wie Fleiß, Ehrlichkeit und Mut, durchaus für Charakteristika, die wir auch in der heutigen Zeit anstreben sollten.
Das gute Ende verspricht Hoffnung und Zuversicht. Zwei wichtige Aspekte, wenn es um die Entwicklung von Resilienz geht.

Märchen sind zu grausam!

Das stimmt. Gerade bei Filmen oder Hörspielen kann dies problematisch sein, denn hier wird mit Bild, Ton und Musik Spannung aufgebaut und nicht selten sitzen Kinder mit zugehaltenen Ohren oder Augen da und warten, bis die Szene vorbei ist. Dahingegen wird die Grausamkeit in Büchern selten bildlich dargestellt. Die meisten Szenen spielen im Kopf und so haben die Kinder selbst die Wahl, in welchem Maße sie die grausigen Schilderungen an sich heran lassen. Wie schon erwähnt: Das Gute siegt immer. Das hilft, um über die Grausamkeiten hinwegzukommen.
Gleichzeitig erscheint es in einer Welt des Selbstoptimierens und der Tabuisierung von Tod auch wichtig, ernste und grausame Inhalte anzusprechen, denn sie sind auch Teil unserer Realität.

In Märchen wird das weiß sein und das weiße als gut und unschuldig hervorgehoben, was unsere ohnehin schon rassistische Denkweise festigt. (vgl. Olaolu Fajembola und Tebogo Nimindé-Dundadengar, 2020)

Diesem Punkt von Olaolu Fajembola und Tebogo Nimindé-Dundadengar in „Gib mir mal die Hautfarbe“ nehmen wir uns durchaus zu Herzen und möchte gezielt auf Märchen hinweisen, die auf diese Symbolik verzichten und weiter auch Märchenbände aus anderen Kulturkreisen aufnehmen.

Tatsächlich ist es uns wichtig, in diesem Märchenmonat auf Bücher und vereinzelt auch Märchen hinzuweisen, die eben mehr bieten, als die altbekannten Klassiker und die klischeehaften Prinzessinnendarstellungen von Walt Disney.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Entdecken und hoffen, dass wir euch den ein oder anderen Buchtipp empfehlen können, den ihr noch nicht kennt!

Es grüßen

Anja und Martina

P.S. Falls euch noch weitere Pros und Contras einfallen, lasst uns gerne einen Kommentar da!

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2 Antworten

  1. Buchbahnhof sagt:

    Hey!
    Ich bin gespannt auf euren Märchenmonat. Das mit dem „grausam“ ja, stimmt. Auch ich habe als Kind teilweise mit zugehaltenen Ohren da gesessen. Aber nie so zu, dass ich gar nichts mehr hören konnte. Denn, seien wir mal ehrlich… ich zumindest habe das Gruseln als Kind auch geliebt. Es gehört zu Märchen irgendwie dazu und ich glaube, wir trauen Kindern manchmal weniger zu, als sie tatsächlich so ab können.
    Viele Grüße
    Yvonne

    • Hey,
      Vielen Dank für das Teilen dieser lieben Kindheitserinnerung. Vom Gruseln fasziniert sind tatsächlich viele Kinder. Wir freuen uns das die Märchen auf so viel Interesse und Zuspruch stoßen!

      Liebe Grüße

      Martina