Im Gespräch: Thé Tjong-Khing

Thé Tjong-Khing, der bekannte Illustrator der Tortentrilogie und der Neuerscheinung „Henry bei den Dinosauriern“, wuchs in Indonesien als Sohn eines chinesischen Kaufmanns auf. Nach seinem Studium am Seni Rupa Institute in Bandung/ Indonesien kam er 1956 in die Niederlande, wo er seitdem als freischaffender Illustrator und Künstler arbeitet. Im Rahmen der Buch Basel hatte ich die Möglichkeit mit ihm über sein neues Bilderbuch zu sprechen.

„Ich zeichne für das Kind, das ich einmal war!“


Thé Tjong-Khing

Ihr neues Bilderbuch „Henry bei den Dinosauriern“ handelt von einem Jungen, der sich in die Welt der Dinosaurier träumt und dort ein Abenteuer erlebt. Wie kam es zu dieser Geschichte?

Der Verlag kam auf mich zu, da es eine Ausgrabung eines Tyrannosaurus-Rex-Skelett für das niederländische Naturkundemuseum in Leiden gab. Erst habe ich darüber nachgedacht, was passieren könnte, damit die Dinos sprechen können oder ihnen gar Kleidung zu geben. Doch letztlich sollten die Kinder eine spannende Geschichte bekommen und gleichzeitig etwas über Dinosaurier lernen. Deshalb habe ich mich gegen diese Szenarien entschieden. Wussten Sie, dass der Tyrannosaurus-Rex immer zwei Eier nebeneinander reihte und daraus einen Kreis bildete? Ich habe selbst viel dazugelernt!  

The Tjong Khing

Die Geschichte zeichnet ein realistisches Bild der Lebenswelt der Dinosaurier. Nester werden angegriffen, Dinosaurierbabys geschnappt und mittendrin mischt Henry als ‚Magic Man‘ mit seinem Zauberstab mit. Ist das nicht ein wenig zu viel für kleine Kinder?

Ich zeichne für das Kind, das ich einmal war. Als Kind haben mich niedliche und süße Zeichnungen immer gelangweilt. Faszinierend fand ich das Böse. „Henry und die Dinosaurier“ stellt die Dinosaurierwelt realistisch dar – es ist also nicht übertrieben böse. Am besten gefällt mir die Zeichnung, in der die beiden Dinosaurier kämpfen. Auch die Schlammlawine ist letztlich gut geworden. Sie hat mir großes Kopfzerbrechen bereitet, denn es hat lange gedauert, einen Weg zu finden, den Regen darzustellen.  

Diese Szene erinnert ein wenig an ihr Hieronymus Bosch-Buch, das genau wie die Tortenbücher ohne Text auskommt. In Ihrem neuen Bilderbuch sind Sie das erste Mal auch als Autor aufgeführt. Warum wollten Sie in diesem Bilderbuch den Text ergänzen? Vielleicht um uns die vielen schwierigen Dinosauriernamen näher zu bringen?

Ehrlich gesagt, ich habe versucht ohne Text auszukommen, aber es war nicht möglich. Es wäre zu lang geworden. Da habe ich entschieden, den Text hinzuzufügen. Die üblichen Zusammenhänge, ähnlich wie bei den Tortenbüchern, kann man aber auch hier finden: Im Zimmer von Henry befinden sich alle Dinosaurierfiguren, denen er später begegnet und das Buchcover zeigt die erste Szene, in die er im Traum fällt. Kinder sind sehr offen für solche Zusammenhänge, die Erwachsene oft nicht wahrnehmen.

In „Kunst mit Torte“ gibt es diese Zusammenhänge auch. In diesem besonderen Bilderbuch findet vor dem Hintergrund aus unterschiedlichen weltberühmten Gemälden eine Verfolgungsjagd statt. Wie kamen Sie auf diese Idee? 

Das Verlagshaus fragte mich, ob ich etwas mit Kunst machen könne. Auch hier war ich erst unschlüssig: Sollten Mona Lisa und Van Goghs Postmann aus den Bildern steigen und im Museum Abenteuer erleben? Doch dann verwarf ich diese Idee wieder und entschied mich für die Tortenvariante. Lustigerweise haben mir später Bekannte erzählt, dass ihr Sohn im Kunstmuseum ganz aufgelöst auf sie zu gerannt kam und rief: „Schaut! Thé Tjong-Khing ist im Museum!“ – Das hat mir sehr gefallen.

Mädchen und Jungen lieben ihre Tortenbücher, deren Hauptfiguren Hunde sind. In „Henry und die Dinosaurier“ gibt es nur eine Hauptfigur, das ist Henry. Warum ist Henry ein Junge? Hätte er nicht auch ein Mädchen sein können?

Jungen interessieren sich für Dinosaurier. Ich habe gar nicht daran gedacht, Henry als Mädchen darzustellen. Jetzt wo du fragst, hätte er genauso gut ein Mädchen sein können.

Ich glaube, es gibt genügend Mädchen, die sich interessieren würden. Allerdings sind sie selten als Hauptfiguren in solchen Büchern abgebildet. Das ist nicht fair, da sie Identifikationsfiguren brauchen, die wilde und tapfere Mädchen zeigen.

Ja, das stimmt. Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht.

In meinem Blog lege ich die Schwerpunkte neben gendersensiblen Themen und unserer Umwelt auch auf Interkulturalität.
Sie sind nach ihrem Studium in die Niederlande ausgewandert. Was hat sie dazu bewogen und wie haben Sie es geschafft, sich dort einzuleben und wohl zufühlen?

Das ist lange her. Ich bin in einer chinesischen Familie in Indonesien aufgewachsen, das damals noch eine Kolonie der Niederlande war. Wie üblich in chinesischen Familien wurden meine Geschwister und ich in eine europäische Schule geschickt. Daher konnten wir Niederländisch sprechen. Nach dem Studium wollte ich fort von zuhause. Da lag es nahe, dorthin zu gehen, wo ich zumindest die Sprache schon kannte, das half mir sehr.

Die Sprache ist bestimmt wichtig, doch auch die Lebensweise in Indonesien und den Niederlanden waren vor allem damals gewiss sehr unterschiedlich.

Ja, ich brauchte lange, um mich einzufinden, denn in den Niederlanden war alles neu für mich. In Indonesien sind die Leute sehr bescheiden, während die Niederländer sagen, was sie denken. Es ist eine andere Kultur und ich musste mich erst daran gewöhnen. Zunächst war ich einsam, aber der Anschluss kam langsam über die Arbeit. Heute fühle ich mich viel mehr dem Niederländischen zugehörig als meiner indonesischen Heimat.

Mit ihrer Arbeit sind Sie in den Niederlanden sehr erfolgreich. Haben Sie schon das nächste Projekt in Planung?

Oh ja, ich habe einen Freund gebeten, eine kurze Geschichte zu schreiben. Zu dieser Geschichte möchte ich ein Comic zeichnen. Vier weitere Künstler zeichnen diese auch – so gibt es letztlich eine Geschichte in fünf verschiedenen Versionen. Ich glaube, das wird spannend. Allerdings ist die Geschichte nicht für Kinder, sondern für Erwachsene.

Das klingt gut. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und bedanke mich für das Interview!

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