Bestimmer sein – Wie Elvis die Demokratie erfand

Inhalt

Die Idylle des Dschungels trügt, denn seine tierischen Bewohner streiten sich bei jeder Gelegenheit. Die Fronten zwischen den einzelnen Tieren verhärten sich, als es um die Frage geht, wer im Land der Bestimmer sein soll. Verschiedenste Tierarten beanspruchen diesen Titel für sich, die Streitereien gehen wieder los und ein Ende ist nicht in Sicht! Bis Erdmännchen Elvis eine Idee hat – eine gewählte Gruppe von Tieren übernimmt das Regieren und Streiten im Dschungel! Alle sind begeistert und der Wahlkampf kann beginnen. Schließlich ist der Wahltag da und alle geben ihre Stimme ab. Ein Parlament wird für vier Jahre gewählt und soll das Glück der Dschungelbewohner sicherstellen. „Die Lösung schien allen sehr zu gefallen.“ (s. Reider & Haas) und so hat Elvis die Demokratie erfunden.

Bewertung

Die Illustrationen von Cornelia Haas lassen uns eintauchen in eine farbenfrohe Dschungelwelt. Dies gelingt ihr spielend, denn die Bilder erstecken sich stets über eine Doppelseite, bestechen mit bunten Farben und liebevollen Details, die zu genauerer Betrachtung einladen. Allein der Anblick der ersten Seite führte bei den Kindern in meiner Arbeit zu einem „Wow! Da möchte ich auch hin!“. Der Darstellung des Dschungels und seiner Bewohner ist ein Mix aus Realität und Humor. So lässt sich beispielsweise die Gemütslage der Tiere deutlich erkennen, die Aasfresser tragen Knochenschmuck und im Wahlkampf werden Schilder verwendet.

Die Tiere haben, je nach Art, unterschiedliche Aufgaben und Interessen. Zugleich repräsentieren sie verschiedene Stereotypen, die sich auch in der Menschenwelt wiederfinden lassen. So beispielsweise die vegetarischen Zebras, die die Autorität von Fleischfressern nicht anerkennen oder die Kojoten, die als Müllabfuhr des Dschungels agieren. Die im Buch verwendeten Tierarten eigenen sich gut, um eine heterogene Gesellschaft abzubilden. Dennoch bin ich über diese Zusammensetzung gestolpert, denn in der Natur ist sie so nicht zu finden. Manche dieser Tiere leben nicht auf dem gleichen Kontinent und Kojoten sind z. B. in der freien Wildbahn nicht hauptsächlich Aasfresser. Hier hätte ich mir mehr Genauigkeit gewünscht.

Katja Reider beschreibt die Geschehnisse im Dschungel in amüsanten, meist eingängigen Reimen. Sie greift dabei Themen aus der Erfahrungswelt der Kinder auf, denn Streit, Rauferei oder die Frage „Wer ist hier der Bestimmer?“ kennen alle und so können sich Kinder verschiedensten Alters gut in die Tiere hineinversetzten. Außerdem haben die meisten Kinder, besonders die etwas älteren, schon Erfahrungen damit gemacht wie es ist als Gruppe etwas zu entscheiden bzw. abzustimmen.

Das Buch lässt sich in zwei Teile gliedern. Im ersten geht es um den Streit im Dschungel, der sich immer weiter zuspitzt. Im zweiten wird die Lösung dargestellt, in Form einer Wahl. Während der erste Teil sich stark an der Erfahrungswelt der Kinder orientiert, ist der zweite etwas abstrakter. Begrifflichkeiten wie Parlament und Demokratie werden eingeführt, aber nicht genauer erklärt. Das Ziel des Parlaments soll das Glück der anderen Tiere sein und auch hierauf wird nicht näher eingegangen.  Je nach Alter der Kinder bedarf es hier zusätzlicher Informationen. Auch Impulsfragen eigenen sich, um das Thema zu erklären und ggf. weiter zu vertiefen.

Die Reime empfinde ich ebenfalls als weniger eingängig. Grund dafür könnte sein, dass Reider wichtige Schlagwörter und Zusammenhänge zum Thema Demokratie in den Text einfließen lassen wollte.  

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bestimmer sein gut dazu geeignet ist, um Kindern erstes Demokratiewissen zu vermitteln bzw. es ist ein guter Einstieg, um das Thema dann weiter zu vertiefen und  Parallelen zur Menschenwelt zu ziehen. Hierzu lädt besonders die letzte Buchzeile ein:

„Und so fiel bald Elvis, dem Erdmännchen, ein: Das könnte auch was für die Zweibeiner sein…“.

Reider und Haas zeigen, dass in einer Demokratie Streitigkeiten gemeinsam gelöst werden können z. B. über Wahlen oder indem man darüber spricht. Jüngere Kinder, für welche die Thematik noch zu abstrakt ist, kommen durch die wunderbaren Illustrationen auf ihre Kosten und den Erwachsenen unter uns bietet es die Möglichkeit sich wieder mit der eigenen Wahlberechtigung auseinanderzusetzten.

Pädagogische Vermittlung

Das Buch würde ich mit einer Gruppe von vier bis sechs Kindern betrachten (5 – 6 Jahre). Zuerst lasse ich die Kinder beschreiben, was sie auf dem Buchcover sehen, als Einstimmung und um Interesse zu wecken. Mögliche Impulsfragen:

  • Welche Tiere kannst du erkennen?
  • Was machen die Tiere?
  • Was haben sie im Mund? Was hat das Erdmännchen in der Hand?

Ich nenne den Titel und stelle die Frage „Wer hat das Wort Demokratie schon mal gehört? Wer hat eine Idee, was das sein könnte?“. Ich gehe immer auf die Beträge der Kinder ein.

Dann beginne ich mit dem Vorlesen der Geschichte. Immer wieder mache ich Pausen und gebe den Kindern die Möglichkeit auf das Vorgelesene einzugehen. Durch Impulsfragen lenke ich die Aufmerksamkeit auf bestimmte Begriffe oder Vorgänge und erarbeite sie gemeinsam mit den Kindern. Mögliche Impulsfragen:

  • Welche Tiere kennst du?
  • Hast du dich auch schon mal gestritten? Wenn ja, worüber? Wann war der Streit vorbei?
  • Hast du das Wort Parlament/ Demokratie schon mal gehört?

Am Ende greife ich die letzte Zeile des Buches auf, um mit den Kindern zu erarbeiten, ob wir Zweibeiner denn auch wählen und, ob es bei uns auch Demokratie gibt. Mögliche Impulsfragen:

  • Hast du schon mal etwas/ jemanden gewählt?
  • Hast du schon mal abgestimmt?
  • Haben deine Eltern schon mal an einer Wahl teilgenommen?

Außerdem nehme ich nochmal Bezug auf die Eingangsfrage „Wer kann jetzt erklären, was Demokratie ist?“. Bei Bedarf werde ich den Begriff nochmals kindgerecht definieren.

Weiterführende Angebote:

  • Wir wählen in der Kita: wir stimmen z. B. zukünftig über Projektthemen ab.
  • Wahlkampf in der Stadt/ Gemeinde: wir gehen spazieren und betrachten unterschiedliche Wahlplakate
  • Weiterführende Lektüre: Wir betrachten andere Bücher, die sich mit der Thematik beschäftigen.
Bestimmer sein
Wie Elvis die Demokratie erfand
Autorin: Katja Reider
Illustratorin: Cornelia Haas
HANSER – Carl Hanser Verlag, 2021
ISBN: 978-3-446-26954-5
Details und erhältlich* bei: Thalia Genialokal Verlag

Weitere Bilderbücher, die im weitesten Sinne mit der Thematik zu tun haben: Sind „Die Bestimmer“ – eine Gruppe Kinder versucht andere zu beeinflussen – und „Die Fabel von Fausto“ – Fausto denkt, er könnte über alles bestimmen, scheitert dann aber kläglich.

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