Der unsichtbare Junge

Inhalt

Ben ist in seiner Klasse nicht beliebt. Er wird ständig übersehen, das macht ihn traurig. Als eines Tages Yoshi in die Klasse kommt, muss dieser sich ganz neu behaupten und wird von den Anderen kritisch beäugt. Am Mittagstisch machen sich die Kinder über sein Essen lustig. Ben beobachtet die Situation und malt / schreibt Yoshi einen Brief.
Dieser freut sich darüber und versucht mit Ben Kontakt aufzunehmen. Als ihn ein anderes Kind zu einer Gruppenarbeit einlädt, streckt er seine Hand zu Ben aus und schlägt vor zu dritt zusammenzuarbeiten. Die Arbeit gelingt den Dreien sehr gut. Ben kann sich mit seinen Mal- und Zeichenkünsten sehr gut einbringen, seine Unsicherheit verschwindet langsam und er findet einen Weg in die Gemeinschaft.

Bewertung

Das Bilderbuch hat den Anspruch von Mobbing beziehungsweise Inklusion zu erzählen. Oftmals erscheinen Geschichten, die durch diese pädagogischen Motive konstruiert wurden, eher platt. Mit „Der unsichtbare Junge“ hat Trudy Ludwig jedoch einen schönen Weg gefunden, Ausgrenzung darzustellen, aufzuzeigen, wie es zu Ausgrenzung kommen kann und gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten anzubieten „unsichtbaren“ Kindern die Hand zu reichen.
Ohne mit dem Zeigefinger auf bestimmte Kinder zu zeigen, erzählt sie die Geschichte von Ben und Yoshi, der als neues Kind kritisch beäugt wird und sogar Rassismus ertragen muss.
Aufgrund der Zielsetzung „Inklusion“ haben sich Verlag und Autorin entschieden mit dem Gendersternchen zu arbeiten und „Held*innen“ oder „Freund*innen“ zu gendern. Vor der eigentlichen Handlung wird dies nochmals erklärt. Für manche mag es in Bilderbüchern ungewöhnlich erscheinen, es ergibt jedoch in diesem Kontext Sinn.
Die Bilder sind teilweise gezeichnet und mit Aquarell coloriert. Nur Ben wird als unsichtbarer Junge durchsichtig dargestellt, bis er von den anderen Kindern wahrgenommen wird. Dies ist ein schöner Effekt, der wirkt. Schade finde ich, dass nur Ben eine Brille trägt. Ich fände es tatsächlich noch gut, wenn auch Kinder mit Brille bei den sichtbaren Kindern wären, da ich den falschen Zusammenhang mit „Brille“ und „ausgeschlossen sein“ vermeiden wollte.
Die Reflexionsfragen am Ende des Buches sollen wohl Pädagog*innen helfen, das Buch mit den Kindern zu thematisieren. Dies erscheint mir immer etwas unnötig, mag aber für die ein oder andere Pädagog*in auch nochmals wertvolle Denkanstöße geben. Meiner Ansicht nach spricht die Erzählung für sich und ist wirklich zu empfehlen, wenn es um Perspektivenübernahme in Fällen der Ausgrenzung geht.

Pädagogische Vermittlung

Da das Bilderbuch im schulischen Kontext spielt, ist es vor allem für Grundschule und Hort geeignet, evtl. könnte es auch in der Kindertagesstätte für die baldigen Schulkinder funktionieren.
Ich würde das Bilderbuch tatsächlich erst einmal dialogisch betrachten, da der unsichtbare Ben und die abweisende Haltung der Mitschüler*innen eigentlich schon einmal für sich sprechen. Nach der Betrachtung überlegen wir gemeinsam, welche Gefühle in Ben und Yoshi zunächst vorgehen.
Am nächsten Tag lesen wir das Bilderbuch nochmals zusammen und erstellen danach ein „Gefühlebild“. Hierbei überlegen wir, wie sich ausgegrenzte Kinder fühlen und wie sich Kinder fühlen, die im Klassenverbund angekommen sind. Dabei können auch ambivalente Gefühle eine Rolle spielen, wie „Mitleid“ oder „Froh sein, dass man nicht ausgegrenzt ist“ oder „Machtlosigkeit“.
Wichtig finde ich, dass die pädagogische Fachkraft sich klar auf die Handlung im Buch bezieht und dafür sorgt, dass Ben und Yoshi immer Wertschätzung entgegengebracht wird.
Falls es in der Klasse Kinder gibt, die ausgegrenzt sind, sollen sie erfahren, dass ihre Mitschüler*innen neutral bis wertschätzend auf die beiden blicken und ihre Gefühle und ihre Unsicherheit nachempfinden können.

Weitere Bilderbücher zum Thema Mobbing oder Ausgrenzung, die wir empfehlen, sind „Du gehörst nicht dazu!“, „Die Bestimmer“, „Der Tag an dem ich den bösen Wolf verjagte“ oder „Mein Weg mit Vanessa“.

Der unsichtbare Junge
Text: Trudy Ludwig
Bild: Patrice Barton
Mentor Verlag, 2020
ISBN: 978-3-948230-14-2
Details und erhältlich* bei: Thalia Genialokal Verlag

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